Acts 16

Text: Apostelgeschichte 16,1-12 Die über Paulus und seine Reise erbetene Gnade GOttes offenbart sich bald auf mannigfaltige Weise, teils in Zuführung des ihm nachmals so nützlichen Sohnes im Glauben, Timotheus, teils in Abwendung einer vergeblichen Bemühung, teils im Auftun einer Türe in Macedonien, die nachmals so viel Frucht schaffte. Wie sich Paulus vorgenommen hatte, seine Brüder zu besuchen in den Städten, wo er zuvor des HErrn Wort gepredigt hatte, so kam er nun auch wieder gen Lystra. Mit Timotheus Mutter und Großmutter kann Paulus schon bei seiner vorigen Reise bekannt worden sein, wie er nachgehends deren ungefärbten Glauben rühmt. Timotheus aber und die in ihm liegende Gabe wurde inzwischen erst bekannter. Wer sollte sich aus einer so ungleichen Ehe, eines heidnischen Vaters mit einer jüdischen Mutter, einen solchen Segen versprochen haben? O wie hat sich GOtt oft Etwas ausersehen, wo Niemand dergleichen suchte. Vermutlich war dieser griechische Vater damals schon gestorben, oder hatte sein jüdisches Weib wieder verlassen. Daher hatte die gläubige Mutter um so freiere Hand, ihren Sohn bei der Kenntnis der Heiligen Schrift aufzuziehen (2.Tim. 1:5, 3:15) . Hingegen hatte sie die Beschneidung in der Jugend nicht bewirken können. O wie steckt hin und wieder in der Welt ein Waislein, das durch frommer Mütter Tränen begossen heranwächst zu einer Pflanze des HErrn! Wie das Kind JEsus selbst zugenommen hat an Gnade, nicht nur bei GOtt, sondern auch bei den Menschen, so bereitet GOtt seine Werkzeuge zu auch durch das anfängliche gute Zeugnis, das ein junger Mensch bei Anderen findet, und das oft schon viel in seinen künftigen Lauf hineinwirkt. - Außer dem guten Zeugnis Anderer aber muß Paulus selbst eine Vorempfindung von Dem gehabt haben, was er nachgehends dem Timotheus nachrühmt, daß er Keinen habe, der so gar seines Sinnes sei, wie dieser. Daß er ihn beschnitt , war nicht gegen den apostolischen Schluß zu Jerusalem. Denn dieser verhütete nur, daß die Beschneidung Keinem als zur Seligkeit nötig aufgedrungen würde. Paulus handelte in Beidem nur um des Evangeliums willen. Wo in dem ein Abbruch zu besorgen war, so wehrte er sich gegen den Zwang mit der Beschneidung. Wo aber für das Evangelium eine Förderung daraus zu hoffen war, da konnte er einen beschneiden lassen, und auch sonst den Juden werden als ein Jude (1.Kor. 9:19-23, 10:33) . Es kann oft noch Etwas in Jemandes Handlungsweise einer fleischlichen Weisheit gleichsehen, oder als ein Herumspringen auf einen anderen Grund getadelt werden; und es geht doch bei einem redlichen Herzen aus einerlei Grund des Glaubens und der Liebe, nur mit unterschiedlicher Anwendung auf ungleiche Fälle. - Erkenntnis der Wahrheit und gegründeter Trost daraus befestigt das Herz, daß es auch zum Laufen im Weg der Gebote GOttes williger ist, da sonst der Zweifelsmut viel aufhält. Die Apostel standen bei ihren Amtsverrichtungen unter einer genauen Augenleitung des Heiligen Geistes . Sie trieben ihr Geschäft nicht wie ein Handwerk, sondern als ein Gnadenwerk, unter achtsamer Bemerkung der ihnen dazu vom Geist verliehenen Erweckung. Wo diese ausblieb, oder ihnen gar etwas Zurückhaltendes begegnete, da brachen sie nicht im Eigendünkel durch. Der Heiland selbst hat sich in den Ihm vorgemessenen Grenzen des jüdischen Landes gehalten, und auch da eben darauf gewartet, was ihm sein Vater gegeben. Wer gegen GOttes Zug und Darreichung seines Geistes Alles erzwingen will, gerät in eine indiskrete Geschäftigkeit, die zwar vor Menschen oft Lob hat, aber vor GOttes prüfenden Augen weniger taugt. - Aus 1.Petr. 1:1 aber ist abzunehmen, daß nachgehends das Evangelium doch auch in diesen Gegenden Frucht geschafft hat. Damals aber muß es entweder dazu noch nicht reif gewesen sein, oder muß es seine Ursache gehabt haben, warum in Macedonien so zu eilen Not war. Paulus mag darüber in manches Nachdenken geraten sein, welches ihn auch auf das den Ausschlag gebende Gesicht um so aufmerksamer gemacht hat. - Den Mann aus Macedonien haben wir als den ersten Europäer anzusehen, der sich in ihrer aller Namen nach dem Evangelium ausgestreckt hat. Denn das ist des Evangeliums Sache, helfen, dem Gewissen aufhelfen, den Zügen GOttes forthelfen, daß ein Mensch nicht in den Angriffen der Lust zur Wahrheit stecken bleibe. Daneben wird freilich auch des Satans Verblendungen und der Welt Ärgernissen abgeholfen, daß der gute Same eher davon aufkommen kann. Mit ihrer Ankunft in Philippi kam also das Evangelium erstmals nach Europa, woselbst es nachgehends auf lange Zeit große Frucht schaffte. Da hingegen die asiatische Gegend, die sonst der größte Schauplatz der herrlichsten Werke GOttes war, meistens mit türkischem Unwesen überschwemmt worden ist. O in wie mancher Gegend ist wieder so eine Teuerung und darunter aufwachender Hunger, das Wort GOttes zu hören! Unsere Vorfahren haben es uns erbeten, und wir sollen es nun unseren Nachkommen erbeten, daß uns GOtt sein Wort erhalte, und die Wohnung seines Namens bei uns bleibe. Text: Apostelgeschichte 16,13-40 Wie GOtt das gute Werk vom ersten Tage an zu Philippi angefangen, und der gemachten Hindernisse ungeachtet wohl gegründet habe. Zeit und Ort, zum gemeinschaftlichen Gebet zusammen zu kommen, benützt hier Paulus, wie anderwärts die Juden = Schulen, dergleichen hier keine anzutreffen waren; und GOtt braucht es wirklich dorther dem Evangelium eine Tür aufzutun. So kann eine Anstalt und Gelegenheit oft lange Zeit nicht sonderlich fruchtbar scheinen, aber doch einstmals zur Förderung des Evangeliums einen guten Dienst tun. Das muß uns auch in gemäßer Achtung für unsere Kirchen = Anstalten erhalten, als worin GOtt Manches fortführt, um des künftigen Gebrauchs willen, den er noch für sein Reich davon wird machen können. - Sonst wird das Anklopfen dem HErrn, das Türauftun aber uns zugeschrieben (Offb. 3:20) , hier auch das Herzauftun dem HErrn. GOttes geschäftige und kräftige Gnade, und des Menschen Gehorsam treffen zusammen. - Der Knechte Christi Sache ist, nicht nur Glauben fordern, und durch die Predigt des Evangeliums aufrichten, sondern auch prüfen, beurteilen, durch ihr Zeugnis und Achtung Andere versichern, daß sie im Glauben stehen, daß das die rechte Gnade sei, darin sie zu stehen gekommen sind. Heutigen Tages kommt man um der vielen Falschheiten willen fast mehr ins Zweifelmachen hinein. Aber man muß dies herzerquickende Stärken und Versiegeln der Redlichen um deswillen nicht gar zurücklassen. - Ihr Haus, und die Freiheit, darein zu kommen, trägt Lydia ihnen als eine Glaubensfrucht entgegen, nicht nur als eine Höflichkeit oder sogenanntes Ehrenwort. Im Glauben muß man sich immer fein zu dergleichen Werken erwecken, sonst kann man müde werden, oder das, was man tut, schandenhalber, nicht ohne inneres Murren tun, und da ist es gefehlt. Aber mit Glauben an das Wort: Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf. Wer ein Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt Den auf, der mich gesandt hat. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt usw., da hat es Bestand, und schafft Frucht auf die Ewigkeit. - Den Verdacht, als ob sie das ihrige bei dem Evangelium suchten, haben sie, zumalen in einer unbekannten Gegend, sorgfältig abgelehnt, und daher der Lydia Antrag nicht sogleich angenommen, sondern es auf das Nötigen ankommen lassen. Die Herren jener Magd mit dem Wahrsager = Geist unterhielten hingegen um des davon habenden Gewinns willen manches Lügenwerk. Die Wahrheit kann immer sagen: Ich such nicht das Eure sondern Euch. Ich bin nicht gekommen um Genusses willen, sondern der Menschen Seelen zu erhalten. - Wie konnte aber ein unreiner Geist, für dergleichen einen er doch durch das gebotene Ausfahren erklärt wurde, solch gutes Zeugnis von Paulus ablegen? Hat ja doch der Teufel selbst Christus für den Sohn GOttes bekannt (Mark. 1:25; Luk. 4:41) . Wenn der Teufel das Reich GOttes nicht gar aufhalten, und zurücktreiben kann, so möchte er wenigstens nur gern gemeinschaftliche Sache mitmachen, und dabei auch etwas von seinem Kleck anbringen. Das hat aber der HErr JEsus und seine Knechte immer sorgfältig verhütet. Hingegen unter dem Papsttum ist es endlich geschehen, daß man mit Vorwand des Namens Christi ein weltliches und weltmäßiges Reich aufgerichtet, und damit Christus und Belial in ein leidiges Gemenge gebracht hat. Daher man dort auch leicht ungeprüft Alles zuließ, woraus man nur irgendwie einen Vorteil zu ziehen vermochte. Luther hat in seinem Teil auch erfahren, wie man uns mit falschen Lobsprüchen zu fangen suche. GOtt hat aber seinen Fuß auch aus solchen Netzen gezogen. - Die bisher schon ausgebrachten und unterstützten Lügenkräfte, der elende Zustand der Magd, die hingegen noch gerettet werden konnte, und die billige Sorge, man möchte das Christentum auch so für eine . im Finstern schleichende Zauberkraft ansehen, trieben Paulus so auf, daß er den Geist ausfahren hieß. Die abgeschnittene Hoffnung ihres weiteren Gewinnes aber setzte die bisherigen Eigentümer in einen völligen Verfolgungsgrimm, wie sich denn das Evangelium auf dem nämlichen Weg inzwischen noch manchen Feind gemacht hat. Ihr eigener Nutzen lag ihnen an; aber die allgemeine Ruhe schützten sie vor, damit diese nicht gestört würde. Über den dunklen Tag und dessen Vorgänge brachte erst die stille Mitternacht das rechte Licht. Im Erdbeben zeigte GOtt, was Er anwenden könne, um dem Evangelium seines Sohnes Raum zu machen, und die Bande, so man ihm anlegen wollte, zu zersprengen. Wie viel dergleichen ist noch in den Schätzen GOttes zurück. Die Knechte Christi, die Anderen gern zum ewigen Leben behilflich sind, haben hin und wieder auch zum Abwenden leiblichen Schadens guten Dienst getan. Wenn GOtt unvermutet etwas von der verborgenen Herrlichkeit seiner Kinder hervorblicken läßt, so ändert sich auch der Weltmenschen ihre Sprache und Gesinnung gegen Ihn. - Im Herzen des Kerkermeisters brach in selbiger Stunde auch das Obige: Komm herab, und hilf uns , zu großem Vorteil durch. Wenn man es einmal mit solchen erweckten Gewissen zu tun hat, so kann man bald und mit wenigen Worten weit kommen. Wie vieles muß aber oft angewendet werden, bis es mit der Frage Ernst wird: Was soll ich tun, daß ich selig werde? Wie mancher Segen des Evangeliums ist schon unter dem Leiden seiner Zeugen ausgeboren worden? - In seinem ersten Glauben und dessen verborgenen Wirkungen überwand der Kerkermeister auch schon die Furcht vor dem Ansehen der Menschen. Doch wendete es GOtt nachmals mit der Gesinnung der Hauptleute auch so, daß der Kerkermeister ihrethalben ohne Sorgen sein konnte, und also diese neue Pflanze nicht in allzu schwere Hitze der Anfechtung gesetzt würde. An dergleichen fremden Orten war daran gelegen, daß die Boten des Evangeliums nicht für öffentlich beschimpfte Missetäter gehalten wurden. Da nun GOtt der Hauptleute Gewissen bereits gerührt hatte, wie aus ihrer Weisung abzunehmen war, so merkte Paulus daraus, daß GOtt zur Rettung der Unschuld einen weiteren Weg bahnen wollte. - Die Welt möchte freilich gern alle ihre begangenen Ungerechtigkeiten begraben und verstecken, aber man muß ihr ihren Willen nicht immerdar lassen. Der Heilige Geist lehrt es uns, daß man nicht zur Unzeit demütig ist, sondern sich jedesmal so aufführt, wie es mit der Führung GOttes zusammenstimmt. Es ist nötig, daß denen in weltlichen Ämtern Stehenden immer etwas von einer höheren Hand unter dem Lauf des Evangeliums bekannt werde. Darüber, daß sie Römer waren, fürchteten sie sich, daß sie Christen so mißhandelt hatten, fiel ihnen nicht auf. So hängt GOtt manchmal seinen Kindern an ihr Pilgerkleid etwas, das zwar Andere nicht just zu aufrichtiger Liebe gewinnen, aber doch von weiteren Gewalttätigkeiten abschrecken kann. Die Demütigung, die da die Hauptleute über sich nehmen mußten, konnte sie doch auf ein andermal vor solchen Übereilungen bewahren. Paulus und Silas Betragen ist männlich und stark, unterscheidet sich aber doch wohl vom Trotzigen. Christen geben gern nach, nur vermengen sie sich nicht mit den Gängen des Reichs der Finsternis, und einer daraus fließenden Politik.
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